Was macht ein gutes Rollenspiel aus?

Ein Rollenspiel ist mehr als nur ein Spiel – es ist ein Versprechen. Ein gutes RPG lädt dich ein, eine andere Person zu werden, in eine Welt einzutauchen, die sich lebendig anfühlt, und Entscheidungen zu treffen, die Gewicht haben. Doch was genau macht ein Rollenspiel wirklich gut?

Die Antwort liegt nicht in einer Checkliste aus Features, sondern in der Art, wie sie zusammenwirken. Story, Spielmechanik und Welt müssen sich gegenseitig stützen – wie Zahnräder, die nur gemeinsam das große Ganze antreiben. In den besten RPGs entsteht daraus ein Gefühl echter Handlungsfreiheit und tiefer Immersion.

Bevor wir die Prinzipien im Detail zerlegen, schauen wir uns an, wie die Besten ihres Fachs diese Alchemie meistern.


Die besten Rollenspiel-Modelle – kurz vorgestellt

The Witcher 3: Wenn Welt und Story zu einer Symphonie werden

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Kaum ein anderes Spiel versteht es so gut, narrative Tiefe mit lebendiger Welt zu verweben. The Witcher 3: Wild Hunt ist keine bloße Fantasy-Erzählung, sondern eine emotionale Odyssee – getragen von moralischer Ambiguität und menschlicher Tragik.

Wenn dich vor allem der erzählerische Tiefgang und moralische Entscheidungsfreiheit faszinieren, lohnt sich auch ein Blick auf andere Titel mit ähnlicher DNA. In unserer Übersicht über Spiele wie The Witcher findest du Alternativen, die denselben Spagat zwischen epischer Story und emotionaler Nähe schaffen – von düsteren Fantasy-Welten bis zu modernen, dialoggetriebenen Abenteuern.

Die Quest um den „Blutigen Baron“ ist legendär, weil sie dir keine einfache Antwort lässt. Es gibt kein reines Gut oder Böse, sondern Entscheidungen, die schmerzen – und Konsequenzen, die bleiben. Diese narrative Dichte wird durch die glaubwürdige Welt gestützt: Dörfer atmen Armut, Städte pulsieren vor Leben, und jeder Ort erzählt seine eigene Geschichte – ohne dass jemand sie dir erklärt.

Was The Witcher 3 so besonders macht, ist die Synergie: Das Kampfsystem unterstreicht Geralts Identität als Hexer, die Progression erzählt seine Entwicklung, und jede Quest dient der Charakterstudie. Es fühlt sich an wie eine Symphonie, bei der jede Note sitzt.


Gothic 1 & 2: Die Blaupause der glaubwürdigen Welt

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Wenn du je das Gefühl hattest, eine Spielwelt „wirklich“ zu betreten, dann war es vielleicht in Gothic. Die Welt folgt ihren eigenen Regeln – unabhängig von dir. Bauern arbeiten auf den Feldern, Wachen patrouillieren, Schmiede legen abends die Werkzeuge nieder. Es gibt keine Questmarker, keine künstlichen Grenzen, keine Kompromisse.

Viele Fans suchen heute nach Games, die diese raue, glaubwürdige Welt von Gothic wieder aufleben lassen. In unserem Guide zu ähnlichen Spielen wie Gothic zeigen wir dir aktuelle RPGs, die denselben Geist atmen: ungeschliffene Welten, echte Konsequenzen und Charakterentwicklung, die du dir verdienen musst.

Diese Welt zwingt dich, ihr Gesetz zu akzeptieren, nicht umgekehrt. Das schafft eine Form von Immersion, die kaum ein modernes RPG erreicht. Selbst einfache Fortschritte – etwa den Umgang mit einer Waffe zu meistern – fühlen sich verdient an, weil sie in der Logik dieser Welt verankert sind.

Gothic zeigt, wie stark World-Building sein kann, wenn es glaubwürdig und kohärent ist. Nicht weil es riesig ist, sondern weil es Sinn ergibt.


Baldur’s Gate 3: Maximale Agency und spürbare Konsequenzen

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Larian Studios hat mit Baldur’s Gate 3 das Tabletop-Gefühl von Dungeons & Dragons in ein digitales Medium gegossen. Jede Entscheidung zählt – und jede Konsequenz bleibt. Tötest du einen wichtigen NPC, verschwindet nicht nur eine Quest, sondern ganze Handlungsstränge.

Das Spiel respektiert deinen Weg, auch wenn er chaotisch, egoistisch oder dumm ist. Dieses „Respektieren“ ist der Kern echter Spieler-Agentur. Selbst Fehlschläge werden erzählerisch belohnt: Ein misslungener Würfelwurf kann neue Dialogpfade öffnen und die Story in unerwartete Richtungen lenken.

Wer die Tiefe der Würfelmechanik und die verzweigten Dialogoptionen in Baldur’s Gate 3 liebt, findet in unserer Sammlung zu Spielen wie Baldur’s Gate 3 jede Menge weitere Titel mit taktischem Tiefgang, verzweigter Story und Spielerfreiheit auf höchstem Niveau.

Das Ergebnis ist ein Gefühl echter Eigenverantwortung. Du spielst keine vorgefertigte Geschichte – du erschaffst sie.


Elden Ring: Environmental Storytelling als Sog

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In Elden Ring spricht kaum jemand, und doch erzählt die Welt unaufhörlich. Verfallene Kathedralen, gebrochene Statuen, rotgefärbte Himmel – alles deutet auf eine vergessene Geschichte hin, die du selbst entschlüsseln musst.

Dieses „Environmental Storytelling“ macht Elden Ring so faszinierend. Du bist kein Held, der Antworten bekommt, sondern ein Archäologe, der sie sich verdient. Die Welt ist voller Rätsel, aber sie vertraut darauf, dass du sie lösen willst.

Diese stille Erzählkunst erzeugt eine einzigartige Form von Immersion: Du erlebst nicht nur eine Geschichte – du rekonstruierst sie.

Wenn dich diese Mischung aus Rätseln, Mystik und gnadenloser Herausforderung reizt, wirst du unsere Liste der ähnlichen Spiele wie Elden Ring spannend finden. Sie zeigt, welche Titel denselben Sinn für Erkundung, Atmosphäre und narrative Stille besitzen – perfekt für Spieler, die gern selbst Geschichten entdecken.


Disco Elysium: Wenn Mechanik zur Erzählung wird

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Disco Elysium ist radikal anders. Kein Kampf, keine klassische Progression – und doch ist es eines der tiefsten Rollenspiele aller Zeiten. Hier sprechen deine Skills mit dir. Deine Intuition flüstert dir zu, deine Logik widerspricht, und dein Unterbewusstsein kommentiert alles mit zynischem Humor.

Jede Fähigkeit ist eine Stimme deines Charakters – und das Spiel wird zum Dialog mit deinem eigenen Ich. Du spielst nicht nur eine Rolle, du bist sie. Diese Fusion aus Mechanik und Erzählung ist die ultimative Form des Rollenspiels: Du erlebst, wie dein Charakter denkt, zweifelt, scheitert und wächst – ganz ohne Schwert oder Zauber.

Wenn du mehr narrative Rollenspiele suchst, die mit Emotion, Identität und Entscheidungsfreiheit spielen, schau dir auch unsere Auswahl an ähnlichen Spielen wie Detroit: Become Human an – dort findest du moderne Story-Games, die das „Rollenspiel ohne Kampf“ perfektionieren.


Chrono Trigger: Meisterklasse im Pacing und in Charakterbögen

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Chrono Trigger ist die perfekte Verkörperung des japanischen RPG-Designs: emotional, fokussiert, mitreißend. Es führt dich mit klarem Ziel durch eine epische Zeitreise – ohne sich in Nebenaufgaben zu verlieren. Jede Stunde bringt neue Orte, Mechaniken und Wendungen.

Das Spiel schafft, was viele moderne RPGs vergessen: Es weiß genau, wann genug ist. Jeder Charakter erhält Raum für Entwicklung, und das Kampfsystem bleibt spannend bis zum Schluss. Chrono Trigger zeigt, dass gute Rollenspiele nicht unendlich groß sein müssen – sie müssen bedeutungsvoll sein.


Woran du ein gutes Rollenspiel erkennst: Die vier Säulen

Wenn du verstehen willst, warum dich ein RPG fesselt (oder eben nicht), schau dir diese vier Säulen an. Sie sind das Fundament, auf dem jedes großartige Rollenspiel ruht.

1. Progression, die sich spürbar anfühlt
Level-Ups sind keine Zahlen – sie sind Momente des Wachstums. Ein gutes RPG lässt dich sehen und fühlen, wie dein Charakter stärker, klüger oder selbstbewusster wird.

2. Glaubwürdige Welten, die ohne dich weiterlaufen
Eine Welt, die lebt, wirkt real. Wenn NPCs Routinen haben, Tiere Ökosysteme bilden und Fraktionen mit Sinn existieren, entsteht Immersion, die kein Grafikupdate ersetzen kann.

3. Entscheidungen mit echten, nachhaltigen Folgen
Wahlfreiheit ist nur dann relevant, wenn sie Konsequenzen hat. Die besten RPGs respektieren deine Entscheidungen – auch wenn sie unangenehm sind.

4. Synergie statt Stückwerk
Mechanik, Story und Welt sollten sich gegenseitig tragen. Wenn du in einer glaubwürdigen Welt kämpfst, um eine emotional bedeutungsvolle Entscheidung zu treffen, die deine Progression sichtbar verändert – dann ist alles im Gleichgewicht.


Der Avatar als Spiegel: Charaktererschaffung und Rollenausdruck

Hier beginnt das eigentliche Herz des Rollenspiels: Du nimmst eine Rolle ein – und entscheidest, wer du bist. Der Avatar ist dein Spiegel in dieser anderen Welt.
Einige Spiele geben dir eine klar definierte Figur wie Geralt in The Witcher 3, mit fester Vergangenheit und Stimme. Andere lassen dich als leeres Blatt starten, wie in Gothic oder Baldur’s Gate 3.

Beides funktioniert – aber auf unterschiedliche Weise. Ein vordefinierter Charakter ermöglicht eine tiefere emotionale Erzählung, weil die Autoren seine Konflikte genau kennen. Ein frei gestalteter Avatar dagegen überlässt dir das Erzählen – du bist Schöpfer deiner eigenen Identität.

Gutes Rollenspiel passiert genau hier: Wenn du aufhörst, nur zu „spielen“, und beginnst, zu sein.

Die Sprache der Zahlen: Attribute, Skills und Progression

Hinter jedem Schlag, jeder gelungenen Überzeugung im Dialog und jedem geöffneten Schloss steckt ein unsichtbares System – Zahlen, Attribute, Fähigkeiten. Aber gute Rollenspiele machen daraus mehr als bloße Statistik. Sie verwandeln Zahlen in Geschichten.

Wenn du in Baldur’s Gate 3 Charisma investierst, bedeutet das nicht nur, dass du Dialogwürfe besser bestehst. Es bedeutet, dass dein Charakter gelernt hat, Menschen zu lesen, zu manipulieren oder zu inspirieren. Ein hoher Intelligenzwert in Fallout: New Vegas schaltet nicht nur Gesprächsoptionen frei – er verändert, wie du die Welt siehst und wie sie auf dich reagiert.

Der Fortschritt eines Charakters ist also nicht nur ein mechanischer Kreislauf („Erfahrung – Level – Belohnung“), sondern eine stille Erzählung über Lernen und Wachsen.

Das Paradebeispiel? Gothic. Wenn du deine Einhand-Fähigkeit trainierst, verändert sich nicht nur dein Schadenswert. Die Art, wie dein Held die Waffe hält, wird geschickter, flüssiger, souveräner. Du spürst buchstäblich, wie er besser wird. Das ist gelebte Progression – kein Zahlenkonstrukt, sondern eine Geschichte, die du durch Können erzählst.

Ein gutes Progressionssystem schafft also Bedeutung aus Wachstum. Nicht, weil du stärker wirst – sondern weil du verstehst, warum.


Konflikt als Erzählwerkzeug: Kampfsysteme, die Charakter zeigen

Kämpfe sind in Rollenspielen oft unvermeidlich – aber sie sollten mehr sein als bloß ein Mittel zum Zweck. Ein gutes Kampfsystem erzählt etwas über dich, über die Welt, in der du kämpfst, und über das Risiko, das du eingehst.

In The Witcher 3 etwa ist jeder Kampf ein Ausdruck von Geralts Doppelnatur: Monsterjäger und Philosoph. Du kannst dich als Alchemie-Experte mit Tränken und Ölen vorbereiten oder als purer Schwertkämpfer in den Nahkampf stürmen. Beide Wege sind gleich gültig, aber sie erzählen zwei völlig unterschiedliche Geschichten über denselben Mann.

In Elden Ring dagegen spiegelt der Kampf die Erzählung der Welt: roh, gnadenlos, kompromisslos. Du wirst nicht als Held geboren, sondern musst es dir verdienen – Schwertschlag für Schwertschlag. Jeder Sieg fühlt sich wie ein überlebter Mythos an, jede Niederlage wie eine Mahnung, dass du klein bist in einer großen, unbarmherzigen Welt.

Und in Gothic ist das Kampfsystem anfangs klobig und unnachgiebig. Aber genau das ist der Punkt: Es zwingt dich, dich einzufügen, zu lernen, besser zu werden. Der Kampf ist keine Machtfantasie, sondern eine Charakterprüfung. Du wächst nicht nur an Erfahrungspunkten, sondern an Demut.

So wird der Konflikt selbst zum Erzählwerkzeug – ein Spiegel dessen, wer du bist, wenn es darauf ankommt.


Quests, die tragen: Vom simplen Auftrag zur kleinen Short Story

„Töte zehn Ratten“ – dieser Satz ist zum Meme geworden, weil er das Gegenteil eines guten Questdesigns beschreibt. Ein gutes RPG lässt dich nie das Gefühl haben, eine Checkliste abzuarbeiten. Stattdessen stellt es dir Aufgaben, die etwas bedeuten.

In The Witcher 3 beginnt eine einfache Geisterjagd am Brunnen – und endet als tragische Geschichte über Liebe, Verrat und Verlust. Diese Quests sind nicht nur Nebenaufgaben, sondern kleine Kurzgeschichten, die dich emotional einbinden.

In Gothic wiederum sind Quests Werkzeuge des sozialen Aufstiegs. Du erledigst keine Aufgaben für XP, sondern um Vertrauen zu gewinnen, Einfluss zu erlangen, ein Teil der Welt zu werden. Jede Quest verändert dein Standing, jede Entscheidung öffnet oder schließt Türen.

Gute Quests verbinden Mechanik und Erzählung. Sie haben:

  • einen klaren emotionalen Antrieb („Warum tue ich das?“),
  • konkrete Auswirkungen auf Welt oder Charakter,
  • und eine Form von Erkenntnis am Ende – auch wenn sie schmerzhaft ist.

Die besten RPGs wissen: Eine Quest ist keine Aufgabe, sie ist eine Begegnung. Mit der Welt. Mit anderen. Mit dir selbst.


Die Welt als Bühne: Glaubwürdigkeit als Schlüssel zur Immersion

Ein gutes Rollenspiel funktioniert nur, wenn die Welt selbst überzeugt. Und das bedeutet: Sie darf sich nicht um dich drehen.

Piranha Bytes, die Schöpfer von Gothic, haben das früh verstanden. Ihre Philosophie: Die Welt muss wirken, als existiere sie unabhängig vom Spieler. Wenn du einem Schmied nachts begegnest, schläft er. Wenn du in die Hütte eines Bauern gehst, wird er wütend. Tiere folgen einer Nahrungskette, Fraktionen haben Ideologien und Hierarchien, die Sinn ergeben.

Dieses Designprinzip – simulierte Indifferenz – sorgt dafür, dass du dich als Teil einer lebendigen Welt fühlst. Du bist kein Auserwählter, sondern ein Bewohner. Die Welt wartet nicht auf dich, sie läuft weiter.

Auch The Witcher 3 beherrscht dieses Prinzip meisterhaft. Seine Dörfer erzählen Geschichten über Krieg und Entbehrung, ohne ein einziges Wort zu verlieren. Selbst Nebenfiguren haben Routinen, Träume, Probleme. Es sind diese kleinen Details, die dich vergessen lassen, dass du ein Spiel spielst.

Glaubwürdigkeit ist also kein grafisches Feature. Sie entsteht aus Logik, Konsequenz und Rhythmus. Wenn eine Welt atmet, atmest du mit.

World-Building, das dich mitnimmt (statt dich zu umkreisen)

Die beste Spielwelt ist nicht die größte, sondern die glaubwürdigste. Größe beeindruckt kurz, Bedeutung bleibt. Ein gutes World-Building schafft eine Welt, die nicht für dich gebaut wirkt, sondern die du entdeckst.

In vielen modernen Open-World-Spielen dreht sich alles um dich. Du bist der Auserwählte, der Held, das Zentrum jeder Handlung. Und genau das macht viele Welten leblos. Sie existieren nur, wenn du sie betrittst. Doch echte Immersion entsteht anders – wenn du das Gefühl hast, die Welt würde auch ohne dich weiterlaufen.

Gothic ist hier ein Musterbeispiel: Bauern arbeiten, Söldner trainieren, Novizen beten. Jeder hat eine Funktion, eine Routine, eine Haltung zu dir. Die Welt ist kein Schauplatz, sie ist ein System – du bist nur ein Teil davon. Das erzeugt Glaubwürdigkeit und Tiefe.

The Witcher 3 erreicht Ähnliches, aber auf andere Weise: durch kulturelle Dichte. Seine Welt ist durchdrungen von slawischer Folklore, alten Mythen, Liedern und Dialekten. Wenn du ein Dorf betrittst, spürst du Geschichte – und eine klare kulturelle Identität.

Gutes World-Building zeigt sich in kleinen Dingen:

  • In Ökosystemen, die Sinn ergeben. Wenn Aasfresser Aas fressen und Wölfe Aasfresser jagen.
  • In Fraktionen, die nicht nur Feinde oder Freunde sind, sondern Überzeugungen vertreten.
  • In Geografie, die Erzählung unterstützt. Wenn der Weg zur Hauptstadt beschwerlich ist, fühlt sich Macht plötzlich weit entfernt an.

Und vielleicht das Wichtigste: Eine glaubwürdige Welt reagiert auf dich – aber sie braucht dich nicht.


Die Welt als Erzähler: Environmental Storytelling richtig lesen

Nicht jede Geschichte braucht Worte. Manche erzählen sich durch Orte, Spuren, Ruinen. Diese Kunst nennt man Environmental Storytelling – und sie ist eines der mächtigsten Werkzeuge des Rollenspieldesigns.

Elden Ring beherrscht diese Kunst wie kaum ein anderes Spiel. Kein Tutorial erklärt dir die Geschichte der Zwischenlande, kein Erzähler führt dich an der Hand. Stattdessen liest du sie in der Welt: in der Architektur zerfallener Tempel, in den Waffen verendeter Krieger, in den kurzen Beschreibungen vergessener Artefakte.

Jeder Ort hat eine Bedeutung – wenn du hinsiehst. Die vernarbte Landschaft von Caelid erzählt von einem Krieg zwischen Halbgöttern, die Türme von Leyndell vom Stolz eines gefallenen Reichs. Das Spiel spricht nicht zu dir, es flüstert. Du musst zuhören wollen.

Auch The Witcher 3 und Gothic nutzen diese Technik meisterhaft:

  • In Velen erzählen verdorrte Felder, verbrannte Dörfer und leere Wiegen von einem Krieg, der keine Helden kannte.
  • In der Alten Mine von Gothic spürst du durch das Design der Ruinen, dass hier einst eine Zivilisation lebte, deren Spuren nur noch durch Architektur und Artefakte überdauern.

Environmental Storytelling funktioniert, wenn Welt und Erzählung eins werden – wenn du die Geschichte findest, anstatt sie dir vorlesen zu lassen.


Agency, Wahl und Konsequenz: Entscheidungen, die wehtun dürfen

Wahlfreiheit ist das Herz des Rollenspiels – aber sie ist nur dann bedeutungsvoll, wenn sie Konsequenzen hat. Eine gute Entscheidung im RPG ist keine kosmetische Option, sondern ein Wendepunkt.

Viele Spiele bieten dir Dutzende Dialogoptionen, aber nur eine führt weiter. Das ist keine Freiheit, sondern Fassade. Die „Illusion der Wahl“ untergräbt das, was Rollenspiel eigentlich ausmacht: Verantwortung.

The Witcher 3 geht hier mit gutem Beispiel voran. Die Entscheidung über das Schicksal von Keira Metz hat Folgen, die du erst viele Stunden später spürst. Und die Quest um den Blutigen Baron zeigt brutal ehrlich, dass es keine moralisch sauberen Lösungen gibt. Du wählst nicht zwischen Gut und Böse – du wählst zwischen zwei Übeln.

Baldur’s Gate 3 treibt das Prinzip noch weiter. Tötest du einen Questgeber, verschwindet der Queststrang – für immer. Das Spiel traut dir zu, mit Verlust zu leben. Es respektiert deine Entscheidungen – auch die schlechten.

Das ist der Kern echter Agency: Nicht das Spiel passt sich an dich an, sondern du musst mit den Folgen deiner Handlung leben.

Ein gutes RPG macht Entscheidungen spürbar. Es zwingt dich, Stellung zu beziehen, und lässt dich die Konsequenzen tragen – manchmal leise, manchmal hart, aber immer ehrlich.


Subgenres verstehen: Deine Abkürzung durch den RPG-Dschungel

Rollenspiel ist nicht gleich Rollenspiel. Über Jahrzehnte haben sich Subgenres entwickelt, die ganz eigene Philosophien verfolgen. Sie alle haben unterschiedliche Prioritäten – und unterschiedliche Wege, dich in eine Rolle zu ziehen.

Westliche RPGs (WRPG/CRPG)
Sie stammen aus der Tradition von Dungeons & Dragons und stellen dich in den Mittelpunkt. Du erschaffst deinen Charakter von Grund auf – Aussehen, Hintergrund, Überzeugung. Die Welt reagiert auf dich, nicht andersherum. Baldur’s Gate 3, Fallout und Gothic sind Paradebeispiele.

Japanische RPGs (JRPGs)
Sie erzählen fokussierte, filmische Geschichten mit vordefinierten Figuren. Du spielst keine „Rolle“, du erlebst eine Reise. Emotion, Charakterentwicklung und Dramaturgie stehen im Vordergrund. Chrono Trigger, Final Fantasy VII und Persona 5 sind Klassiker dieses Ansatzes.

Action-RPGs (ARPGs)
Hier zählt Reaktionsvermögen genauso wie Taktik. Ob Diablo, Dark Souls oder Elden Ring – Kämpfe sind direkt, schnell und fordernd. Entweder dominieren Loot-Schleifen (wie in Path of Exile) oder narrative Tiefe (wie in The Witcher 3).

Taktik- und Strategie-RPGs (TRPG/SRPG)
Sie verbinden Rollenspiel mit rundenbasierter Strategie. Positionierung, Terrain und Planung sind wichtiger als Reflexe. Fire Emblem, Final Fantasy Tactics und XCOM sind hier tonangebend.

Die neuen Hybriden
Moderne Spiele mischen alles. Elden Ring ist ein Action-RPG mit Open-World-Elementen, Disco Elysium ein narratives CRPG ohne Kampf. Grenzen verschwimmen – was zählt, ist, ob die einzelnen Systeme zusammen eine stimmige Erfahrung ergeben.

Egal, welchem Subgenre du dich hingibst – am Ende zählt immer, dass du glaubhaft eine Rolle spielst, die du verstehst und fühlen kannst.

Häufige Schwächen mittelmäßiger RPGs – und wie du sie erkennst

Wenn du weißt, was ein gutes Rollenspiel ausmacht, erkennst du auch sofort, wann etwas nicht stimmt. Viele Spiele wirken auf den ersten Blick beeindruckend – große Welt, hübsche Grafik, lange Spielzeit – aber nach ein paar Stunden merkst du: Es fehlt die Seele. Das liegt selten an einem einzelnen Fehler, sondern meist an einer Kette kleiner Verfehlungen, die das Fundament erschüttern.

Wenn du dich fragst, warum manche Spiele trotz großem Budget an Atmosphäre verlieren, wirf einen Blick in unsere Liste der besten Open-World-Spiele. Dort siehst du, welche Welten es schaffen, glaubwürdig, dynamisch und emotional zu bleiben – und was sie von den mittelmäßigen unterscheidet.

Hier sind die häufigsten Schwächen mittelmäßiger RPGs – und wie du sie erkennst:

1. Klischeehafte Storys ohne innere Logik
Der „Auserwählte, der die Welt rettet“ mag ein klassisches Motiv sein, doch wenn ein Spiel dich direkt auf ein Podest stellt, ohne dass du es dir verdient hast, verliert die Erzählung sofort an Gewicht. Gute RPGs lassen dich werden, nicht einfach sein. Wenn du dich schon nach einer Stunde fragst, warum dein Charakter so wichtig ist, stimmt was nicht.

2. Schlechtes Pacing – wenn Langeweile Progression ersetzt
Manche Rollenspiele verwechseln Länge mit Tiefe. Statt dich in einen Flow zu bringen, zwingen sie dich in zähe Quest-Schleifen, Wiederholungen und leere Distanzen. Du spürst es, wenn du mehr „arbeitest“ als „erlebst“. Gutes Pacing sorgt dafür, dass jede Stunde etwas Neues bringt – eine Erkenntnis, eine Herausforderung, eine emotionale Note.

3. Die Illusion der Wahl
Nichts ist enttäuschender, als wenn deine Entscheidungen keine echten Folgen haben. Du triffst eine moralisch schwere Wahl – und das Spiel reagiert gar nicht oder schickt dich ohnehin auf denselben Weg. Solche Designs brechen das zentrale Versprechen des Rollenspiels: dass deine Handlungen Bedeutung haben.

4. Charakterentwicklung ohne Ecken und Kanten
Viele Spiele machen den Fehler, dich zu perfekt zu behandeln. Du bist stark, talentiert, beliebt – und das war’s. Aber gute Figuren wachsen an ihren Fehlern. Schwächen sind die Triebfedern echter Charakterentwicklung. Wenn ein Spiel nur Stärke und Erfolg kennt, fehlt die emotionale Tiefe.

5. Ludonarrative Dissonanz
Ein Fachwort, das du sofort spürst, wenn’s passiert: Die Story sagt dir, du bist ein gebrochener Held am Abgrund – aber im Gameplay metzelst du Dutzende Gegner ohne Schweißperle. Diese Kluft zwischen Erzählung und Spielmechanik reißt dich aus der Immersion. Ein gutes RPG sorgt dafür, dass das, was du tust, zum passt, was du erlebst.

6. Welten, die nur schön, aber nicht glaubwürdig sind
Viele Open Worlds sind technisch beeindruckend, aber seelenlos. Wenn NPCs keine Routinen haben, Orte keinen Zweck erfüllen und alles nur „für den Spieler“ existiert, fühlt sich die Welt leer an – egal, wie groß sie ist.

Wenn du also in einem RPG spielst und dich plötzlich fragst: „Warum mache ich das hier eigentlich?“ – dann fehlt irgendwo die Kohärenz. Und Kohärenz ist das unsichtbare Rückgrat eines guten Rollenspiels.


Praxis-Framework: So bewertest du ein RPG in 10 Minuten

Wie erkennst du, ob ein Rollenspiel wirklich gut ist – ohne erst 40 Stunden zu investieren? Hier ist ein schnelles Bewertungs-Framework, das du bei jedem Spiel anwenden kannst:

1. Beobachte den Anfang.
Fragt dich das Spiel, wer du bist – oder sagt es dir, wer du sein sollst? Ein guter Einstieg gibt dir Raum, deine Identität zu definieren oder zu verstehen.

2. Prüfe, wie die Welt auf dich reagiert.
Ignorieren dich NPCs, wenn du etwas Großes getan hast? Dann ist die Welt statisch. Gute RPGs merken sich, was du tust – und behandeln dich danach anders.

3. Achte auf Fortschritt.
Fühlst du dich besser, weil du stärker wirst – oder nur, weil Zahlen steigen? Fortschritt muss sich organisch anfühlen, nicht inflationär.

4. Teste Entscheidungen.
Triff früh eine provokante oder ungewöhnliche Wahl. Ändert das etwas? Wenn nicht, ist es kein echtes Rollenspiel.

5. Lies die Welt.
Steckt Bedeutung in der Umgebung? Erzählt Architektur, Atmosphäre oder Routine eine Geschichte – oder ist alles nur Kulisse?

Wenn du bei diesen Punkten mehr als zweimal mit den Schultern zuckst, hat das Spiel wahrscheinlich stilistisch Potenzial, aber kein inhaltliches Rückgrat.


Cheatsheet für Entwickler: 12 Designprinzipien für bessere RPGs

Wer selbst RPGs entwickelt oder konzipiert, kann sich an diesen zwölf Prinzipien orientieren. Sie sind das destillierte Wissen aus Jahrzehnten großartiger Rollenspiele – von Ultima bis Baldur’s Gate 3.

  1. Respektiere die Entscheidung. Jede Wahl braucht Konsequenzen – auch negative.
  2. Erzähle mit Systemen. Lass die Mechanik sprechen, nicht nur den Dialog.
  3. Lass die Welt ohne den Spieler atmen. Glaubwürdigkeit entsteht aus Eigenleben.
  4. Belohne Neugier, nicht Gehorsam. Entdecken muss sich lohnen – nicht folgen.
  5. Erlaube Scheitern. Gute Geschichten entstehen oft aus Fehlentscheidungen.
  6. Gestalte Progression spürbar. Spieler müssen sehen, fühlen und hören, wie sie wachsen.
  7. Fördere Schwäche. Fehler, Makel und Zweifel machen Charaktere lebendig.
  8. Vermeide Beliebigkeit. Wenn alles möglich ist, fühlt sich nichts bedeutsam an.
  9. Schaffe Kohärenz. Story, Gameplay und Welt müssen dieselbe Sprache sprechen.
  10. Erzähle leise. Vertraue darauf, dass Spieler selbst entdecken wollen.
  11. Gestalte Grenzen sinnvoll. Unsichtbare Wände sind faul – gestalte natürliche Barrieren.
  12. Behandle den Spieler als Mitautor. Gib ihm Verantwortung, nicht nur Kontrolle.

Diese Prinzipien sind kein starres Regelwerk – sie sind eine Haltung. Sie erinnern dich daran, dass Rollenspiel kein Genre ist, sondern ein Vertrag zwischen Designer und Spieler: Du gibst mir eine Welt, ich fülle sie mit Bedeutung.


FAQ: Häufige Fragen zu guten Rollenspielen

Braucht ein gutes RPG immer eine Open World?
Nein. Eine kleine, dichte Welt mit logischer Struktur kann immersiver wirken als eine leere Karte voller Icons. Entscheidend ist nicht die Fläche, sondern die Tiefe.

Sind JRPGs automatisch linear?
Nicht zwingend. Viele JRPGs erzählen lineare Hauptgeschichten, bieten aber emotionale Entscheidungspunkte und Nebenpfade, die echte Bedeutung tragen – etwa in Persona 5 oder Chrono Trigger.

Wie viel Freiheit ist genug – und ab wann wird’s zu viel?
Zu viel Freiheit kann lähmen. Gute RPGs setzen klare Rahmen, in denen du sinnvolle Entscheidungen treffen kannst. Freiheit ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um Bedeutung zu erzeugen.

Kann ein RPG auch ohne Kampf funktionieren?
Absolut. Disco Elysium beweist, dass reines Dialog- und System-Design reichen, um ein tiefes Rollenspielgefühl zu erzeugen. Was zählt, ist, ob du eine Rolle lebst, nicht ob du Gegner besiegst.