Ghost of Tsushima ist nicht einfach nur ein Samurai-Spiel. Es ist ein spielbarer Film. Eine Meditation über Ehre, Identität und die Schönheit einer sterbenden Welt. Wenn du dich fragst, welche anderen Spiele ein ähnliches Gefühl erzeugen – diese Mischung aus cineastischem Stil, befriedigendem Schwertkampf und kontemplativer Erkundung –, dann musst du zuerst verstehen, was Ghost of Tsushima wirklich ist.
Denn bevor wir andere Titel mit Tsushima vergleichen können, müssen wir erkennen, was sie überhaupt erreichen müssten.
Von Kurosawa bis Kampfkunst:
Das Spiel ist durchdrungen von der Ästhetik der Kurosawa-Filme – und das nicht nur durch seinen ikonischen Schwarz-Weiß-Modus. Es geht um Bildkomposition, langsame Kamerafahrten, symbolträchtige Landschaften. Jeder Schwertstreich, jede Windböe, jede rot leuchtende Ahornallee ist ein visuelles Statement.
Statt HUD-Elemente zu verwenden, zeigt dir der Wind den Weg. Vögel und Füchse führen dich zu versteckten Orten. Und wenn Jin Sakai ein Duell beginnt, ist das nicht nur Gameplay – es ist Inszenierung. Du stehst nicht einfach im Kampf. Du bist der Film.
Der Verzicht auf überladene Karten, Checklisten-Quests und Skill-Spam macht das Erlebnis fokussierter. Es geht nicht um Sammelwahn, sondern um Präsenz. Um das Sein in einer Welt, die kunstvoll gestaltet wurde, damit du sie fühlen kannst.
Die Balance zwischen Schönheit und Schwert
Der Schwertkampf ist taktisch, aber zugänglich. Mit vier Haltungen konterst du unterschiedliche Gegnertypen. Du lernst, nicht durch komplexe Combos, sondern durch Beobachtung und Reaktion. Das Spiel will dich nicht bestrafen – es will dich glänzen lassen.
Und es erlaubt dir, zu wählen: den ehrenvollen Weg des Samurai oder die Schatten des „Geists“. Schleichen, Assassinen-Werkzeuge, Rauchbomben – sie stehen dir offen. Doch der Konflikt bleibt: Was kostet dich dieser Weg? Was verlierst du, wenn du gewinnst?
Gleichzeitig erzählt das Spiel seine Geschichte nicht nur über Zwischensequenzen. Es nutzt Nebenmissionen, Landschaften und selbst die Haiku-Spots, um Themen wie Verlust, Opfer und innere Zerrissenheit zu verankern. Das ist kein bloßes Kampfabenteuer – es ist eine Reise zu dir selbst.
Feudales Japan, neu gedacht
Wenn du dich in Ghost of Tsushima verliebt hast, dann vermutlich nicht nur wegen des Settings – sondern wegen der Art, wie dieses Setting erzählt wurde. Trotzdem gibt es Spiele, die auf ähnliche Weise versuchen, das feudale Japan neu zu interpretieren. Sie treten in Tsushimas Fußstapfen, wagen aber eigene Wege. Drei davon stechen besonders hervor:
Rise of the Ronin – Komplexität über Eleganz?
Von Team Ninja entwickelt (ja, genau – die Nioh-Macher), setzt Rise of the Ronin auf mehr historische Tiefe und spielerische Komplexität. Es spielt im späten 19. Jahrhundert – eine Ära des Umbruchs, in der Samurai gegen das moderne Japan kämpfen.
Der Kampf ist härter, technischer, aber auch belohnender für Spieler, die Parieren, Timing und Waffenauswahl meistern wollen. Das Spiel bietet dir mehr Entscheidungsfreiheit in der Story, aber auch mehr klassische „Open-World-Arbeit“: Greifhaken, Gleiter, Fraktionen, Nebenquests.
Wenn du dir wünschst, dass Tsushima mehr Spiel gewesen wäre – mit Builds, komplexeren Kämpfen und moralischen Entscheidungen – dann ist Rise of the Ronin vielleicht dein Ding. Aber: Es fehlt die poetische Eleganz von Tsushima. Es ist dichter, aber auch rauer.
Wer den Wechsel zwischen stilisiertem Schwertkampf und dem Einsatz von Schusswaffen in einer historisch geprägten Open World spannend findet, könnte sich auch für das realistisch inszenierte Mittelalter-Setting von Kingdom Come: Deliverance 2 interessieren. Der Titel legt ebenso viel Wert auf Authentizität, allerdings mit einem völlig anderen erzählerischen und mechanischen Fokus.
Like a Dragon: Ishin! – Wenn Yakuza Samurai spielt
Was passiert, wenn du das Gameplay der Yakuza-Serie nimmst, es in ein historisches Japan verlegst und alles mit einem dicken Schuss Drama, Humor und Nebenaktivitäten würzt? Du bekommst Like a Dragon: Ishin! – ein Spiel, das weniger filmische Eleganz bietet, aber dafür eine dichte, überbordende Welt.
Es ist kein Open-World-Abenteuer im klassischen Sinne, sondern ein Stadtspiel – Kyo (Kyoto) ist dein Spielplatz. Du kämpfst, baust Gemüse an, gehst angeln oder tanzt Karaoke. Und ja, du triffst dabei auf historische Figuren mit den Gesichtern von Yakuza-Charakteren.
Wenn du Tsushima geliebt hast wegen der Atmosphäre, aber dir mehr Interaktivität und Spielwitz gewünscht hast – hier findest du das. Aber erwarte keinen kontemplativen Samurai-Film. Erwarte eine Samurai-Seifenoper mit übertriebenen Moves und viel japanischem Flair.
Die ungewöhnliche Mischung aus historischen Bezügen, Action-Brawler-Kampf und Mini-Aktivitäten erinnert an andere Spiele, die Genregrenzen bewusst überschreiten – ähnlich wie Spiele wie Path of Exile, die klassische Rollenspielmechaniken mit modernen Systemen verbinden.
Trek to Yomi – Stil über Substanz?
Trek to Yomi ist die vielleicht direkteste Hommage an Kurosawa. Komplett in Schwarz-Weiß, mit festen Kamerawinkeln und 2,5D-Side-Scrolling erinnert es mehr an ein bewegtes Gemälde als an ein Spiel.
Die Optik ist brillant – aber das Gameplay? Eher schlicht. Der Kampf ist reduziert, fast minimalistisch, und das Spiel ist eher kurz. Es fühlt sich mehr wie ein kunstvolles Experiment an als ein vollwertiges Abenteuer.
Wenn du Tsushima vor allem wegen seines Stils liebst, wenn du die Ästhetik der Samurai-Filme atmest – dann lohnt sich ein Blick. Aber wenn du Tiefe, Freiheit und Entwicklung suchst, wirst du hier eher hungrig zurückgelassen.
Die härteren Wege des Kriegers
Ghost of Tsushima hat dich vielleicht für seine Atmosphäre und cineastische Leichtigkeit begeistert. Aber was, wenn du tiefer eintauchen willst? Wenn du nicht nur ein Samurai spielen, sondern ihn meistern willst? Dann bist du in dieser Kategorie genau richtig: Spiele, die dich fordern. Die dir nichts schenken – außer Stolz.
Sekiro: Shadows Die Twice – Der Prüfstein für Disziplin
Sekiro ist kein Spiel, das du nebenbei zockst. Es ist ein Spiel, das dich zwingt, besser zu werden. Jeder Kampf ist ein Tanz. Ein Rhythmus aus Parieren, Ausweichen und Kontern – ohne Spielraum für Fehler.
Es gibt keine Builds. Keine Komfortzone. Du hast dein Schwert, dein Timing und deinen Willen. Und wenn du verlierst, liegt es an dir. Aber wenn du gewinnst? Dann fühlt es sich an, als hättest du einen Berg bezwungen.
Sekiro ist düsterer als Tsushima. Weniger poetisch, mehr gnadenlos. Es spielt in einer fiktionalisierten Sengoku-Ära, gespickt mit Dämonen und Mythen. Ein Meisterwerk – aber nur für Spieler, die bereit sind, alles zu geben.
Wenn du die Herausforderung in Sekiro liebst, aber gleichzeitig auf immersive Fantasy-Welten stehst, wirf auch einen Blick auf unsere Auswahl ähnlicher Spiele wie Elden Ring. Diese Titel sprechen Spieler an, die an der Grenze zwischen mechanischer Meisterschaft und epischem Storytelling wandeln wollen.
Nioh 2 – Das Diablo der Samurai-Welt
Wenn Sekiro wie ein puristischer Schwertkampf ist, dann ist Nioh 2 eine strategische Waffenkammer. Es geht um Builds, um Loot, um das Jonglieren von Ausdauer, Yokai-Fähigkeiten und Waffenhaltungen.
Du kämpfst nicht nur – du baust deinen Krieger. Stück für Stück, Fähigkeit für Fähigkeit. Und du wirst oft scheitern. Aber du wirst dabei besser, klüger, stärker.
Die Welt ist kein Open World, sondern missionsbasiert – und voll mit Dämonen, historischen Persönlichkeiten und abgründigen Bossen. Wenn du dich gerne verlierst in Systemen, Stats und Strategien, ist Nioh 2 dein Pfad.
Aber: Es ist komplex. Und nicht gerade einsteigerfreundlich. Wer Tsushima für seine Klarheit und Zugänglichkeit liebte, könnte hier überfordert sein.
Große Namen, andere Welten
Nicht jedes Spiel, das Tsushima ähnelt, spielt im feudalen Japan. Manche teilen seine Erzählkraft, andere seine offene Welt oder seine philosophische Tiefe. Diese Titel helfen dir, Tsushima in einen größeren Kontext zu setzen – und vielleicht dein nächstes Lieblingsspiel zu finden.
The Witcher 3: Wild Hunt – Wenn Story König ist
Wenn dich die „Geschichten aus Tsushima“ emotional bewegt haben, dann wirst du in The Witcher 3 ein Zuhause finden. Hier sind Nebenquests keine Füller, sondern kleine Meisterwerke. Charaktere wie Bloody Baron oder Gaunter O’Dimm bleiben dir noch lange im Gedächtnis.
Der Kampf ist funktional, aber kein Highlight. Aber das macht nichts. Denn die Welt lebt durch ihre Geschichten – voller Moral, Graustufen und echter Entscheidungen.
Beide Spiele erzählen vom inneren Konflikt eines Helden. Und beide machen das mit Tiefe, Herz und Integrität. Wenn dich Narrative antreiben: go Witcher.
Die Verbindung aus einer offenen Welt, starken Nebenfiguren und emotionaler Tiefe findet sich nicht nur in Tsushima oder The Witcher. Auch in der Liste der besten Open-World-Spiele gibt es weitere Highlights, die diese Qualitäten vereinen – mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten.
Red Dead Redemption 2 – Das Gefühl, da zu sein
RDR2 ist kein Spiel – es ist eine Welt. Du reitest nicht nur durch die Prärie. Du lebst in ihr. Trägst deinen Bart länger. Putzt dein Pferd. Beobachtest den Sonnenuntergang. Und ja: Du kämpfst auch.
Was RDR2 mit Tsushima teilt, ist sein langsames, atmosphärisches Tempo. Beide Spiele laden dich ein, dich nicht nur durch Missionen zu jagen – sondern einfach mal innezuhalten. Für ein Haiku oder eine Zigarette.
Wenn du Immersion suchst, Ruhe, Echtheit – dann ist RDR2 der westliche Bruder von Tsushima.
Assassin’s Creed Valhalla (und Freunde) – Die andere Seite der Medaille
Valhalla, Odyssey, Origins – sie alle gehören zur „Ubisoft-Formel“: riesige Karten, viele Icons, viel Inhalt. Und genau hier entsteht der Kontrast.
Tsushima fühlt sich kuratiert an. Wie ein Museum. Ubisoft-Spiele dagegen wie ein Freizeitpark. Du wirst ständig mit Dingen bombardiert – Aufgaben, Schatzkisten, Fragezeichen.
Das hat seinen Reiz. Wenn du eine To-do-Liste in Spielform willst, wirst du hier glücklich. Aber: Der Fokus auf Quantität kann die Tiefe verwässern. Tsushima verzichtet bewusst auf diesen Overload – und wirkt gerade deshalb so konzentriert.
Mit Blick auf das kommende Assassin’s Creed Shadows wird auch der Vergleich zu ähnlichen Spielen wie The Last of Us relevant – insbesondere in Bezug auf emotionale Erzählungen und den Fokus auf Nahkampf in realistischeren Settings.
Weltenbau mit Philosophie:
Hinter all diesen Spielen steckt eine Frage: Was soll eine Open World eigentlich sein? Eine Bühne für Geschichten? Ein Spielplatz voller Aufgaben? Oder ein Ort, den du einfach erleben darfst?
Ghost of Tsushima beantwortet diese Frage mit einem klaren Fokus: Es schafft einen Raum, in dem du dich verlieren möchtest, nicht verlieren kannst. Jeder Windstoß, jede Lichtstimmung, jeder Pfad ist ein stiller Ruf an deine Neugier.
Red Dead Redemption 2 verfolgt denselben Ansatz – mit Realismus, detailverliebter Welt und emergenten Momenten. Es geht nicht nur darum, was du tust, sondern wie du dich fühlst, während du es tust.
The Witcher 3 dagegen ist eine kuratierte Erlebniswelt. Hier ist die Welt eine Bühne für Quests – handgemacht, komplex, dicht. Und Assassin’s Creed? Eine Plattform für möglichst viel Inhalt in möglichst kurzer Zeit. Spielerisch stark – aber oft seelenlos.
Tsushima gelingt ein seltenes Kunststück: Es ist sowohl ein immersiver Raum als auch ein inhaltlich belohnendes Spiel. Es schließt die Lücke zwischen „sein“ und „tun“ – und genau das macht es so besonders.
Ein immersives Erlebnis braucht nicht zwangsläufig eine realistische Welt. Manche Spiele schaffen das durch starke Atmosphäre und kreative Welten – ein gutes Beispiel dafür ist unsere Auswahl an ähnlichen Spielen wie Gothic, die mit rauer Welt, kniffligen Entscheidungen und einer lebendigen Spielwelt überzeugen.
Was kommt als Nächstes?
Ghost of Tsushima hat die Messlatte gesetzt – jetzt sind andere an der Reihe, sie zu erreichen oder neu zu definieren. Zwei kommende Titel stehen besonders im Rampenlicht: Ghost of Yōtei und Assassin’s Creed Shadows. Und beide werden auf sehr unterschiedliche Weise zeigen, wohin sich das „Samurai-Spiel“ bewegen kann.
Ghost of Yōtei – Mehr vom Gleichen oder der nächste Sprung?
Die offizielle Fortsetzung spielt im Jahr 1603 in der eisigen Region Ezo (heute: Hokkaidō). Mit Atsu, einer neuen weiblichen Protagonistin, und der Power der PS5 will Ghost of Yōtei das liefern, was Fans sich wünschen: mehr filmische Kämpfe, mehr immersive Welt – und eine noch emotionalere Geschichte.
Sucker Punch hat angekündigt, die Kernsäulen beizubehalten und vorsichtig zu erweitern. Das klingt sicher – vielleicht zu sicher? Der Erfolg der Fortsetzung wird davon abhängen, ob sie die Balance zwischen Wiedererkennung und Weiterentwicklung meistert. Du liebst Tsushima? Dann ist Yōtei fast schon Pflicht.
Assassin’s Creed Shadows – Der direkte Herausforderer
Ubisoft wagt sich endlich nach Japan – und zwar mit einer Doppelprotagonisten-Formel: Samurai & Shinobi. Klingt spannend? Ist es auch. Aber auch riskant. Denn die Vergleiche mit Tsushima werden laut und erbarmungslos sein.
Wird Shadows die Tiefe, Eleganz und den Fokus von Tsushima erreichen – oder sich in alten Ubisoft-Mustern verlieren? Wir wissen es noch nicht. Aber eins ist klar: Dieses Spiel wird zum Lackmustest für Ubisofts Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln.
Der größere Trend: Die Suche nach Balance
Beide Titel stehen exemplarisch für die zentrale Herausforderung, vor der Entwickler im Samurai-Subgenre stehen:
Wie viel Gameplay ist zu viel? Wie viel Story ist zu wenig? Und wie schafft man es, eine historische Welt authentisch zu erzählen, ohne Spieler*innen einzuschränken?
Ghost of Tsushima hat diese Fragen mit Feingefühl beantwortet. Die Frage ist: Können andere das auch?
Fazit & Empfehlung
Am Ende hängt alles davon ab, was du suchst. Es gibt nicht das eine Spiel, das Tsushima ersetzt – aber viele, die einen bestimmten Aspekt davon auf ihre eigene Weise weiterdenken.
Hier findest du deine Orientierung:
Du willst … | Dann spiel … |
Die Atmosphäre und Ästhetik eines Samurai-Films erleben | Ghost of Tsushima oder Trek to Yomi |
Eine komplexe Herausforderung und maximale Kampfdisziplin | Sekiro: Shadows Die Twice |
Tiefgründige Builds, RPG-Systeme und Loot | Nioh 2 |
Eine lebendige Open World mit emergentem Gameplay | Red Dead Redemption 2 |
Starke Storys und bedeutungsvolle Nebenquests | The Witcher 3: Wild Hunt |
Einen historischen Playground voller Aktivitäten | Like a Dragon: Ishin! |
Einen modernen Mix aus AC-Formel und Samurai-Fantasy | Rise of the Ronin oder demnächst AC Shadows |
Wenn dich Ghost of Tsushima tief berührt hat, dann liegt das nicht nur an seinem Setting – sondern an seiner Haltung: Wie es spielt, wie es erzählt, wie es dich spüren lässt. Kein anderes Spiel trifft diese Mischung exakt. Aber viele greifen einzelne Elemente auf und treiben sie weiter.
Also frag dich: Willst du weiter in dieser Welt bleiben? Oder neue Wege gehen?
Beides ist möglich. Und in beiden Fällen wirst du ein Spiel finden, das dich genau da abholt, wo Tsushima dich zurückgelassen hat – mit dem Wind im Rücken und dem Schwert in der Hand.