Du stehst vor der Netzteil-Auswahl und plötzlich taucht diese Frage auf: modular, semi-modular oder non-modular? Die gute Nachricht: Es geht nicht um die Leistung deines PCs. Die schlechte: Es geht um etwas, das dich beim Bauen entweder nerven oder begeistern wird.
Was bedeutet Modularität beim Netzteil?
Warum überhaupt verschiedene Kabel-Systeme?
Stell dir vor, du kaufst ein Smartphone mit zehn verschiedenen Ladekabeln – aber du kannst nur eins davon benutzen. Die anderen neun liegen in der Schachtel rum. Nervig, oder?
Genau das passiert bei einem PC-Netzteil. Dein System braucht ein Kabel fürs Motherboard, eins für die CPU, vielleicht eins für die Grafikkarte und ein paar für deine Laufwerke. Aber ein nicht-modulares Netzteil kommt mit einem dicken Bündel aus 15 Kabeln – egal ob du sie brauchst oder nicht.
Modularität bedeutet einfach: Du kannst wählen, welche Kabel du anschließt.
Die drei Varianten im Überblick
Die Unterschiede liegen nur darin, wie die Kabel am Netzteil befestigt sind:
- Non-Modular: Alle Kabel sind fest verdrahtet und kommen als ein großes Bündel aus dem Netzteil.
- Semi-Modular: Die wichtigsten Kabel (Motherboard, CPU) sind fest, der Rest ist abnehmbar.
- Voll-Modular: Jedes einzelne Kabel lässt sich abnehmen – du steckst nur an, was du wirklich brauchst.
Non-Modular: Wenn alle Kabel fest verdrahtet sind
So funktioniert ein nicht-modulares Netzteil
Bei einem nicht-modularen Netzteil sind alle Kabelstränge permanent mit der Platine im Inneren verlötet. Sie kommen als dickes Bündel aus einer Öffnung – und du kannst nichts davon entfernen.
Das 24-Pin-Motherboard-Kabel? Fest dran. Die vier SATA-Stromkabel für Festplatten, die du gar nicht hast? Auch fest dran. Die zwei Molex-Stecker, die niemand mehr braucht? Kannst du dir denken.
Die einzige Option: Du versteckst das Kabelgewirr irgendwo im Gehäuse. Hinterm Mainboard-Tray, in leeren Laufwerksschächten oder einfach in einer Ecke.
Für wen macht das heute noch Sinn?
Nicht-modulare Netzteile sind heute fast ausschließlich im Budget-Segment zu finden. Der Grund ist simpel: Sie sind am günstigsten zu produzieren.
Du sparst vielleicht 20-30 Euro im Vergleich zu einem modularen Modell. Das macht Sinn, wenn:
- Du ein wirklich knappes Budget hast und jeden Euro zählt.
- Dein Gehäuse ein großer ATX-Tower mit viel Platz ist.
- Dir die Optik im Gehäuseinneren völlig egal ist.
- Du zum ersten Mal baust und nicht in Custom-Kabel investieren willst.
Ein Beispiel: Die be quiet! System Power 10 Serie liegt bei etwa 75-85 Euro für 750 Watt. Funktional solide, aber mit einem permanenten Kabel-Oktopus.
Semi-Modular: Der Mittelweg mit festen Hauptkabeln
Welche Kabel sind fest, welche abnehmbar?
Semi-modular klingt nach einem cleveren Kompromiss. Die Idee: Die Kabel, die du sowieso immer brauchst, sind fest verdrahtet. Alles andere kannst du abnehmen.
Typischerweise fest verdrahtet:
- 24-Pin ATX-Kabel fürs Motherboard
- 8-Pin EPS-Kabel für die CPU
Modular und abnehmbar:
- PCIe-Kabel für die Grafikkarte
- SATA-Kabel für SSDs und Festplatten
- Molex-Kabel für ältere Komponenten
Das eliminiert etwa 60-70% des potenziellen Kabelgewirrs. Du steckst nur die Grafikkarten- und Laufwerkskabel an, die du wirklich brauchst.
Warum die Definition schwammig ist
Hier wird’s nervig: „Semi-modular“ ist kein geschützter Begriff. Manche Hersteller löten auch ein 8-Pin-PCIe-Kabel fest ans Netzteil.
Das Problem: Wenn du eine Einsteiger-GPU ohne zusätzlichen Stromanschluss hast oder eine High-End-Karte mit dem neuen 12VHPWR-Stecker nutzt, hast du ein dickes, ungenutztes PCIe-Kabel im Gehäuse hängen. Genau das sollte semi-modular eigentlich verhindern.
Prüf also immer die Produktspezifikationen, bevor du kaufst.
Voll-Modular: Maximale Flexibilität ohne feste Kabel
Das Prinzip: Nur anschließen, was du brauchst
Ein voll-modulares Netzteil hat null fest verdrahtete Kabel. Stattdessen siehst du eine Reihe von Buchsen am Gehäuse – beschriftet mit „ATX“, „CPU“, „PCIe“, „SATA“.
Alle Kabel liegen separat im Karton. Du steckst sie nur dann ins Netzteil, wenn deine Hardware sie braucht.
Baust du ein minimalistisches System mit einer M.2-SSD und einer Low-Profile-Grafikkarte? Dann steckst du genau drei Kabel an: ATX, CPU – fertig. Kein Millimeter überflüssiges Kabel.
Der Hauptvorteil für Custom-Builds
Der wahre Grund, warum Enthusiasten voll-modular bevorzugen, ist nicht mal das Kabelmanagement. Es sind die Custom Sleeved Cables.
Bei einem voll-modularen Netzteil kannst du die schwarzen Standard-Werkskabel komplett durch individuell ummantelte Kabel ersetzen – in Weiß, Rot, RGB, oder passend zu deinem Farbschema.
Das geht bei semi-modular nicht, weil die Hauptkabel (die man am meisten sieht) fest verdrahtet sind. Du könntest höchstens Extensions verwenden, aber die verlängern die Kabel und schaffen zusätzliches Volumen.
Volle Modularität ist die einzige Möglichkeit für einen wirklich sauberen, durchgestylten Build mit Seitenfenster.
Kabelmanagement: Der größte Unterschied im Alltag
Warum ungenutztes Kabelgewirr nervt
Kabelmanagement klingt nach Enthusiasten-Obsession. Ist es auch. Aber nicht nur.
Versuch mal, in einem kompakten Gehäuse ein Netzteil mit 15 fest verdrahteten Kabeln zu verbauen, wenn du nur fünf davon brauchst. Die zehn überflüssigen Stränge musst du irgendwohin stopfen.
Das Problem:
- Sie blockieren Schraubenlöcher fürs Motherboard.
- Sie machen es schwer, an Anschlüsse auf der Rückseite zu kommen.
- Sie drücken gegen die Seitenwand und verhindern, dass das Gehäuse richtig schließt.
- Sie sehen aus einem Fenster einfach chaotisch aus.
Mit modularen Kabeln fällt das Problem komplett weg. Du hast exakt die Kabel, die du brauchst – nicht mehr, nicht weniger.
Wenn du dein Kabelgewirr endlich loswerden willst, schau dir auch allgemeine Tipps für Ordnung auf und unter dem Schreibtisch an. Die Anleitung zu Kabelmanagement am Schreibtisch hilft dir, deinen gesamten Setup-Look zu perfektionieren.
Wie moderne Gehäuse das Problem entschärfen
Moderne ATX-Gehäuse haben das Kabel-Problem clever gelöst: Sie verstecken das Netzteil komplett.
Die meisten Mid-Tower haben heute einen „PSU-Shroud“ – eine Abdeckung, die das Netzteil in einem separaten Keller versteckt. Dahinter ist Platz für Kabelmanagement, und über der Abdeckung siehst du nur die saubere Hauptkammer mit Motherboard und GPU.
In so einem Gehäuse kannst du auch mit einem nicht-modularen Netzteil arbeiten. Du stopfst einfach das gesamte Kabelgewirr unter die Abdeckung. Niemand sieht es.
Modularität wird dadurch eher zum Komfort-Feature – es macht die Installation einfacher, aber der optische Unterschied ist minimal.
Airflow und Temperaturen: Mythos oder Realität?
Der Einfluss auf die Kühlung in ATX-Gehäusen
Du liest oft: „Modulare Netzteile verbessern den Airflow.“
Die Theorie: Weniger Kabel bedeutet weniger Blockade für die Luftzirkulation. Die Luft strömt freier von den vorderen Intake-Lüftern zur CPU und GPU und dann zu den Exhaust-Lüftern hinten und oben.
Das klingt logisch. Aber in der Praxis ist der Effekt in einem Standard-ATX-Gehäuse fast null.
Warum? Wegen des PSU-Shrouds. Das Kabelbündel liegt unter der Abdeckung, komplett getrennt von der Hauptkammer. Es blockiert nicht den Luftstrompfad zwischen deinen Komponenten.
Messbare Temperaturunterschiede zwischen einem voll-modularen und einem nicht-modularen Netzteil im gleichen Gehäuse? Im Bereich von 0-2 Grad Celsius. Also: vernachlässigbar.
Wenn du beim Netzteilkauf auf hochwertige Kabel und sauberen Airflow achtest, lohnt es sich auch, deine GPU-Temperaturen im Blick zu behalten. Ein schneller Praxischeck gelingt dir mit dieser Anleitung zum Grafikkartentemperatur anzeigen lassen – besonders hilfreich, wenn dein Kabelmanagement die Luftzirkulation verbessert.
Wann Modularität thermisch wirklich wichtig wird
Es gibt eine Ausnahme. Und die ist massiv.
Sobald du aus dem ATX-Standard rausgehst und ein kompaktes System baust, dreht sich alles um.
Small Form Factor Builds: Hier zählt jeder Zentimeter
Warum SFF-Gehäuse modulare Netzteile brauchen
Ein Mini-ITX-Gehäuse hat typischerweise 15-20 Liter Volumen. Zum Vergleich: Ein ATX-Mid-Tower hat 40-60 Liter.
In so einem engen Raum gibt es:
- Keine PSU-Shrouds
- Keine tiefen Kabelkanäle
- Keinen „leeren Raum“ zum Verstecken
Jeder Kubikzentimeter zählt. Ein Kabelbündel eines nicht-modularen Netzteils ist hier keine ästhetische Unannehmlichkeit – es ist eine physische Blockade.
Die Realität in Mini-ITX-Systemen
In einem SFF-Build passiert Folgendes: Das Kabelbündel blockiert direkt den Luftweg zum CPU-Kühler. Es drückt gegen die Grafikkarte. Es macht die Montage zur Geduldsprobe, weil du die Kabel erst verdrillen, dann das Motherboard reinstecken, dann das Seitenpanel mit Gewalt zudrücken musst.
Und thermisch? Hier ist der Airflow-Vorteil real. Ohne das Kabelgewirr kann die Luft ungehindert fließen. Das kann 5-10 Grad Unterschied bei der GPU-Temperatur ausmachen. In einem engen SFF-Gehäuse ist das der Unterschied zwischen einem leisen System und einem, das unter Last klingt wie ein Staubsauger.
In SFF-Builds ist ein modulares Netzteil (typischerweise im SFX-Formfaktor) keine Option – es ist Pflicht.
Kosten, Qualität und hartnäckige Mythen
Was du für Modularität bezahlst (und was nicht)
Die Preis-Hierarchie ist klar:
- Non-Modular: 75-85 Euro (750W, 80+ Bronze)
- Semi-Modular: 80-95 Euro (750W, 80+ Bronze)
- Voll-Modular: 110-120 Euro (750W, 80+ Gold)
Moment – warum kostet voll-modular so viel mehr?
Plot-Twist: Nicht wegen der Modularität. Die modularen Buchsen kosten in der Produktion nur ein paar Euro extra. Der Preisunterschied kommt von den anderen Features, die Hersteller ins gleiche Produkt packen.
Ein modernes voll-modulares Netzteil hat typischerweise auch:
- Höhere Effizienz (80+ Gold statt Bronze)
- Bessere interne Komponenten (japanische Kondensatoren)
- Präzisere Spannungsregulierung
- Umfangreichere Schutzschaltungen
- ATX 3.0-Unterstützung mit 12VHPWR-Anschluss
Du zahlst also für ein komplettes Premium-Paket, nicht nur für abnehmbare Kabel.
Gerade bei ATX-3.0-Netzteilen ist der richtige Stecker entscheidend. Wenn du wissen willst, was es mit dem neuen Standard wirklich auf sich hat, findest du in diesem Guide den 12V-2×6-Stecker ausführlich erklärt – perfekt, wenn du eine RTX-40/50-Serie planst.
Modular bedeutet nicht automatisch besser
Der gefährlichste Mythos im PC-Bau: „Modulare Netzteile sind qualitativ besser.“
Falsch. Modularität ist ein Komfort-Feature. Mehr nicht.
Die Qualität eines Netzteils wird bestimmt durch:
- Die Güte der Kondensatoren
- Die Stabilität der Spannungsregulierung
- Die Empfindlichkeit der Schutzschaltungen (OVP, OCP, OTP)
- Die Fertigungsqualität der Platine
Ein qualitativ minderwertiges modulares Netzteil (billige Kondensatoren, schlechte Spannungsregulierung) ist gefährlicher für deine Hardware als ein hochwertiges nicht-modulares Modell.
Die Assoziation „modular = gut“ entsteht nur, weil Hersteller ihre Premium-Produkte mit allen Features vollpacken – inklusive Modularität. Das ist Marketing-Strategie, keine technische Notwendigkeit.
Die Wahrheit über Zuverlässigkeit und Langlebigkeit
Mythos: „Modulare Steckverbindungen sind weniger zuverlässig als fest verlötete Kabel.“
Die Sorge ist verständlich. Jeder zusätzliche Stecker ist theoretisch ein zusätzlicher „Point of Failure“ und fügt minimalen elektrischen Widerstand hinzu.
In der Realität? Bei qualitativ hochwertigen Netzteilen ist dieser Effekt messbar – aber irrelevant. Wir reden von Milliohm-Widerständen und Millivolt-Spannungsabfällen. Deine Komponenten merken das nicht.
Die Zuverlässigkeit hängt von der Fertigungsqualität der Buchsen und Stecker ab, nicht vom Konzept der Modularität.
Ein indirekter Vorteil: Modulare Netzteile erleichtern die Wartung. Du kannst Kabel einzeln tauschen, ohne das komplette Netzteil auszubauen. Das reduziert mechanischen Verschleiß über Jahre.
Modulare Netzteile machen dir das Leben leichter, wenn du regelmäßig Komponenten tauschst. Falls deine Grafikkarte plötzlich nicht erkannt wird, hilft dir dieser Guide zu „Grafikkarte wird nicht erkannt“ dabei, Fehler im Kabel oder PCIe-Strang schnell aufzuspüren.
ATX 3.0 und der neue 12VHPWR-Anschluss
Warum moderne High-End-GPUs alles verändern
2024 hat Intel den ATX 3.0-Standard eingeführt. Und damit eine neue Realität für Netzteil-Modularität geschaffen.
Der Grund: Moderne High-End-Grafikkarten (NVIDIA RTX 4080/4090, kommende RTX 50-Serie) haben extreme, sehr kurze Lastspitzen. Sie ziehen für Millisekunden 150-200% ihrer durchschnittlichen Leistungsaufnahme.
Alte ATX 2.x-Netzteile können das nicht zuverlässig liefern. Sie schalten ab, weil sie denken, es ist ein Fehler.
ATX 3.0 löst das. Und bringt einen neuen Stecker mit: den 12VHPWR (in ATX 3.1 als 12V-2×6 leicht modifiziert).
Die faktische Pflicht zur Modularität bei ATX 3.0
Dieser eine Stecker kann bis zu 600 Watt liefern. Früher brauchtest du dafür drei oder vier separate 8-Pin-PCIe-Kabel. Jetzt? Ein schlankes Kabel.
Das Problem für nicht-modulare Designs: Der 12VHPWR-Stecker wird nur von High-End-GPUs gebraucht. Die meisten Grafikkarten (unter 300 Euro) nutzen weiterhin normale 8-Pin-Anschlüsse.
Wenn ein ATX 3.0-Netzteil nicht-modular wäre, müsste es sowohl das dicke 12VHPWR-Kabel als auch mehrere 8-Pin-PCIe-Kabel fest verdrahtet haben. Das wäre das massivste Kabelgewirr, das du je gesehen hast.
Die Lösung: Praktisch alle ATX 3.0/3.1-Netzteile sind modular (oder mindestens semi-modular). Das 12VHPWR-Kabel ist abnehmbar. Brauchst du es? Steck es an. Brauchst du es nicht? Lass es in der Schachtel.
ATX 3.0 hat Modularität vom Premium-Feature zur technischen Notwendigkeit gemacht.
Custom Sleeved Cables: Schön, aber gefährlich
Warum Enthusiasten ihre Kabel tauschen
Volle Modularität hat ein lukratives Ökosystem geschaffen: individuell gesleevte Stromkabel.
Die Standard-Kabel im Lieferumfang eines Netzteils sind funktional, aber optisch langweilig. Schwarzes Gummi, flaches Design, null Persönlichkeit.
Custom Sleeved Cables ändern das. Du bekommst Kabel in jeder Farbe – Weiß, Rot, Blau, RGB – mit hochwertigem Sleeve-Material, das professionell aussieht.
In einem Build mit Seitenfenster und RGB-Beleuchtung ist das der letzte Schliff. Statt schwarzer Kabelschlangen hast du farblich abgestimmte, straffe Linien.
Extensions vs. vollständige Ersatzkabel
Es gibt zwei Wege zu Custom Cables:
Kabel-Extensions: Kurze, gesleevte Verlängerungskabel, die an die Enden deiner Standard-Kabel angesteckt werden. Sie sind universell kompatibel (funktionieren mit jedem Netzteil) und kosten etwa 30-50 Euro für ein komplettes Set.
Der Nachteil: Sie verlängern die Kabel. Du musst die Verbindungsstelle zwischen Original und Extension hinter dem Mainboard-Tray verstecken. Mehr Kabelmasse, mehr Arbeit.
Vollständige Ersatzkabel: Diese Kabel ersetzen die Werkskabel komplett. Sie werden direkt in die modularen Buchsen des Netzteils gesteckt und führen bis zur Komponente. Kein zusätzliches Volumen, maximale Sauberkeit.
Die Kosten: 80-150 Euro für ein komplettes Set von Herstellern wie CableMod oder Ensourced.
Der riesige Haken: Sie sind nicht universell kompatibel. Und das führt uns zum größten Risiko modularer Netzteile.
Das größte Risiko modularer Netzteile
Warum inkompatible Kabel deine Hardware zerstören
Dies ist die wichtigste Information in diesem Artikel: Verwende NIEMALS modulare Kabel von einem anderen Netzteil – selbst nicht von der gleichen Marke – es sei denn, der Hersteller bestätigt explizit die Kompatibilität.
Das fundamentale Missverständnis: Ein modulares 8-Pin-PCIe-Kabel von deinem alten EVGA-Netzteil passt physisch in dein neues Corsair-Netzteil. Die Stecker sehen identisch aus. Sie klicken ein. Es fühlt sich richtig an.
Aber es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit deine Hardware zerstören.
Das Problem mit fehlenden Standards
Der Grund ist eine Industrie-Schande: fehlende Standardisierung.
An der Komponentenseite ist alles standardisiert. Der 8-Pin-PCIe-Stecker, der in deine Grafikkarte geht, hat weltweit die gleiche Pinbelegung. Pin 1 ist +12V, Pin 5-8 sind Masse, etc. Egal welches Netzteil, egal welcher Hersteller.
An der Netzteilseite? Totales Chaos.
Jeder Hersteller (und oft jede Modellreihe) verwendet eine eigene, proprietäre Pinbelegung. Bei einem Corsair-Netzteil ist Pin 3 vielleicht +12V. Bei einem EVGA-Netzteil ist Pin 3 vielleicht Masse. Bei einem Seasonic-Modell ist es ein Sense-Draht.
Falls du unsicher bist, ob deine GPU überhaupt zusätzliche Stromanschlüsse benötigt, klärt dieser Artikel zur Grafikkarte ohne Stromanschluss auf, welche Karten auch mit einem einfacheren Netzteil problemlos laufen.
So schützt du dich vor katastrophalen Fehlern
Was passiert, wenn du die Kabel mischst?
Du legst +12V auf einen Masse-Pin. Oder +5V auf einen +12V-Pin. Das Ergebnis: Sofortiger Kurzschluss. Die angeschlossene Komponente – typischerweise deine SSD, Festplatte oder Grafikkarte – ist irreparabel zerstört. Es besteht Brandgefahr.
Die häufigste Fehlerquelle: Du upgradetest dein Netzteil von 650W auf 1000W. Du hast die alten modularen Kabel bereits sauber im Gehäuse verlegt. Aus Bequemlichkeit lässt du sie drin und steckst sie einfach ins neue Netzteil.
Boom. Tote Hardware.
So schützt du dich:
- Regel 1: Verwende ausschließlich die Kabel, die mit deinem Netzteil geliefert wurden.
- Regel 2: Wenn du Custom Cables kaufst, bestelle sie explizit für dein exaktes Netzteilmodell. CableMod hat z.B. separate Kategorien für „Corsair Type 4“, „EVGA G3/G5“, „Seasonic Focus“ etc.
- Regel 3: Bei einem Netzteil-Upgrade entferne alle alten Kabel komplett aus dem Gehäuse. Markiere sie als „alt“ und lagere sie getrennt.
- Regel 4: Manche Hersteller (z.B. Corsair) haben eine „Type 4“-Pinbelegung, die über mehrere Modellreihen hinweg kompatibel ist. Aber verlasse dich nicht darauf – prüfe die offizielle Kompatibilitätsliste.
Dieser Mangel an Standardisierung ist wahrscheinlich beabsichtigt. Er schafft Kundenbindung. Wer 150 Euro in Custom Cables für sein Corsair-Netzteil investiert, kauft beim nächsten Upgrade wahrscheinlich wieder Corsair – sonst sind die Kabel Elektroschrott.
Welches Netzteil passt zu deinem Build?
Die richtige Prioritätenreihe bei der Auswahl
Nach all den Details: Wie entscheidest du jetzt?
Die wichtigste Erkenntnis: Modularität ist nie die erste Priorität. Hier ist die Reihenfolge, in der du entscheiden solltest:
Priorität 1: Qualität und Leistung
Bestimme zuerst die benötigte Wattzahl für dein System (rechne mit einem Overhead von 30-40%). Dann prüfe Reviews und Tier-Listen. Die elektrische Qualität – stabile Spannungsregulierung, hochwertige Kondensatoren, zuverlässige Schutzschaltungen – ist wichtiger als jedes andere Feature.
Ein hochwertiges nicht-modulares Netzteil ist immer einem billigen modularen vorzuziehen.
Priorität 2: Formfaktor
Baust du in einem Standard-ATX-Gehäuse? Modularität ist ein Komfort-Feature.
Bei der PSU-Wahl spielt auch der Formfaktor deines Mainboards eine wichtige Rolle. Falls du dir unsicher bist, welche Größe du brauchst, findest du hier eine klare Übersicht zu Mainboard-Größen und Formfaktoren.
Baust du in einem Mini-ITX-Gehäuse? Modularität (im SFX-Format) ist Pflicht.
Priorität 3: Aktuelle Standards
Wenn du eine High-End-GPU (RTX 4080 oder höher) hast oder planst, brauchst du ATX 3.0 mit nativem 12VHPWR-Anschluss. Das bedeutet automatisch ein modulares Design.
Priorität 4: Modularität (Budget vs. Ästhetik)
Erst jetzt kommt die Frage: non-, semi- oder voll-modular?
- Knappes Budget + großes Gehäuse + Ästhetik egal = Non-Modular
- Moderates Budget + Erstbauer + kein Interesse an Custom Cables = Semi-Modular (wenn noch verfügbar)
- Flexibles Budget + Build mit Seitenfenster + Interesse an Custom Cables = Voll-Modular
Wenn du mit dem Gedanken spielst, statt eines Upgrades deinen ganzen Gaming-PC zu erneuern, findest du hier fundierte Tipps zu was du beim Kauf eines Gaming-PCs beachten solltest – gerade dann wichtig, wenn Netzteil, GPU und Kabel schon älter sind.
Wann du wirklich modular brauchst
Es gibt Szenarien, in denen Modularität von „nice to have“ zu „absolut notwendig“ wird:
- Small Form Factor Builds: Ohne modulares SFX-Netzteil wird die Montage zur Qual und der Airflow leidet messbar.
- High-End-Systeme mit ATX 3.0-GPUs: Du brauchst den 12VHPWR-Anschluss und willst keinen Adapter-Kraken.
- Show-Builds mit Custom Cables: Wenn dein Build in einem Showcase-Gehäuse steht, ist voll-modular der einzige Weg zu einem wirklich sauberen Look.
- Häufige Hardware-Wechsel: Wenn du regelmäßig Komponenten tauschst (z.B. für Benchmarking oder Reviews), macht die einfache Installation modularer Kabel dein Leben deutlich leichter.
Für alle anderen? Es ist eine Frage des Budgets und wie viel Wert du auf einen sauberen Build-Prozess legst.
Planst du ein SFF-System? Dann lohnt ein Blick auf Mini-ITX-Gaming-Laptops, die ähnliche thermische Herausforderungen haben. Die besten Laptops für Valheim zeigen dir, wie Hersteller extrem begrenzten Raum clever nutzen – gute Inspiration für deinen Build.